Worum geht’s?
Die Macht des Marketings / wie Mehrwert messbar wird / Daten als Strategiegrundlage und Messbasis
Drei Worte – eine Marke
Ich möchte mit Ihnen, werte Leser dieses Blogs, gerne einen kleinen Eingangstest machen. Denken Sie, dass es möglich ist, dass Sie die Marke eines Unternehmens erraten, wenn ich Ihnen als Information lediglich drei Worte präsentiere? Versuchen wir es. Spektakel, Risiko, Dose. Haben Sie jetzt an Red Bull gedacht und zugleich „Das war ja einfach“ gemurmelt? War es wirklich so einfach? Bedenken Sie, wie spärlich Ihr Informationsstand war. Sie wussten weder etwas von der Branche, noch kannten Sie den Unternehmensslogan. Sie haben mit drei relativ beliebigen, häufig verwendeten Worten eine einmalige Assoziation zu einer Marke gefunden, die in einem von tausenden Unternehmen umkämpften Markt offensichtlich Einzigartiges zu Wege bringt. Und Sie haben damit die Marketingabteilung eines Unternehmens „geadelt“, das seit mehr als 20 Jahren zweifelsfrei eine der beachtlichsten und erfolgreichsten Strategien fährt, die es weltweit zu beobachten gibt.
Messerscharfes Profil
Im vergangenen Jahr verkaufte Red Bull in 171 Ländern 7,5 Milliarden Dosen. Der Umsatz lag bei mehr als sechs Milliarden Euro. Davon, so schätzen Branchenexperten, wandert rund jeder dritte Euro ins Marketing. Alleine letztbezüglich gibt es weltweit kaum eine vergleichbare Herangehensweise. 99,9% aller Laien, aber auch Unternehmer würden hier aufschreien: „Das kann sich doch niemals rechnen.“ Was das milliardenschwere Marketingkonzept des Getränkeherstellers wirklich einzigartig macht, ist, dass man de facto nicht das Produkt bewirbt, sondern vielmehr eine Lebensweise verkauft. Sämtliche Marketingaktivitäten – vom Sportler- und Influencer-Sponsoring über die Eventorganisation bis hin zur TV- und Magazinproduktion – sind messerscharf auf die selbstbestimmte Klientel zugeschnitten. Adressiert wird die Zielgruppe (18- bis 34-Jährige, sportlich, dynamisch, unabhängig, cool) mit Emotionen, um eine authentische Verbindung zu den Konsumenten zu schaffen und eine loyale Gemeinschaft von Gleichgesinnten zu begründen. Das Resultat: ein messerscharfes Markenprofil, wie es seinesgleichen sucht.
Kapitalisierung des Unternehmens
Das erstaunlichste an der Geschichte ist für mich nicht ein Vorzeigeexempel wie Red Bull, sondern es sind die zahllosen Gegenbeispiele. Mehr als 100 Jahre nachdem der Begriff Marketing erstmals an US-amerikanischen Universitäten verwendet wurde, scheint es so, als ob ein Gros an Wirtschaftstreibenden noch immer nicht verstanden hat, was Marketing im Idealfall eigentlich bedeuten soll und bewirken kann. Dabei hätte man zum Beispiel in Deutschland ein historisches Vorbild, das sogar ins Jahr 1893 reicht: Man spricht von der Geburtsstunde des Marketings mit der Erfindung des Backpulvers durch das Unternehmen Oetker. Durch Massenwerbung wurde dazumal dem Privatkunden erstmals ein Produkt angeboten, das ihm eine Arbeitserleichterung verschaffte – von dem er aber bis dahin nicht gewusst hatte, dass er es überhaupt brauchte. Da die Weiterentwicklung durch Erfindungen neuer Produktvarianten weiter voranschritt, reicht der Erfolg des Angebots übrigens bis in die Gegenwart hinein.
Kurz gefasst: Nein, Marketing ist nicht einfach eine Investition, um ein Produkt zu promoten. Nein, Marketing ist auch nicht bloß eine mediale Technik, um direkt den Verkauf anzukurbeln. Und, nein, echtes zielführendes Marketing erschöpft sich nicht in der teuer erkauften Steigerung der Markenbekanntheit. Es geht um mehr: Es geht um alle erdenklichen, von der Unternehmensführung abwärts auf allen Ebenen vollzogenen Maßnahmen, die eine zielgruppengerechte, unverwechselbare Profilschärfe einer Marke anstreben und damit die Stärken eines gesamten Unternehmens nachhaltig kapitalisieren.
Fauxpas mit Folgen
Apropos Profilschärfe. Wollen Sie den Test mit den drei Worten zur Markenbestimmung wiederholen, diesmal in einer benannten Branche, nämlich in der Immobilienwelt? Ok. Nachhaltig, dynamisch, leistbar. Fällt Ihnen nichts ein? Gut, drei neue Worte, die ganz im Zeitgeist liegen: Zukunftsbezogen, digital, ökologisch. Klappt auch nicht, oder? Dann liegt es wohl daran, dass Immobilienunternehmen nicht unverwechselbar sind oder zumindest nicht als unverwechselbar wahrgenommen werden. Und/oder daran, dass Marketing nicht zielgruppengesteuert eingesetzt wird und es von der Managementspitze an unmissverständlichen Vorgaben fehlt, was Ausrichtung, Werteorientierung und Positionierung betrifft. Das könnte man in einem sich permanent verschärfenden Wettbewerbsumfeld, in der Kunden, Partner und Investoren genauer denn je wissen wollen, mit wem sie es zu tun haben und wodurch sich Unternehmen vom Mitbewerber unterscheiden, durchaus als dramatischen Fauxpas bezeichnen. Denn wer mit seiner Marke nicht eindeutig für eine Position gerade steht, muss es sich gefallen lassen, dass unternehmensfremde Instanzen diese Position bestimmen – Instanzen, auf die man mangels Profilschärfe der eigenen Marke keinen Einfluss hat.
Datenbasiert & messbar
Marketing ist mit fortschreitendem Konkurrenzkampf und vor allem in Zeiten der Krise, die Konsumenten kritischer und werteorientierter macht, unabdingbar – verstanden als Markenarbeit, sprich als Summe der (Führungs-)Aktivitäten zur Definition, Positionierung und Abgrenzung der eigenen Marke. Unverzichtbar ist in diesem Sinne ein datenbasiertes Marketing, das sich zum einen auf präzise analysierte Informationen über Markt, Selbst- und Fremdwahrnehmung stützt, und zum anderen die Wirkung der Markenarbeit zu kontrollieren weiß. Die Tools zur Interpretation von Daten und zur Messung der Marketingaktivitäten sind in Zeiten von Big Data längst entwickelt. Bei Red Bull – um zum Anfang dieses Blogs zurückzukehren – herrscht bezüglich Mehrwert von Markenarbeit kein rechnerischer Zweifel. Das Unternehmen analysiert seit jeher die erforderlichen Daten, indem es seine internen Erkenntnisse, wie z.B. Analysen der Website und der digitalen Kampagnen, ebenso wie externe Marktforschung auswertet. Relevante Informationen werden auch durch Kundenbefragungen, Feldversuche und Fokusgruppen gesammelt, wobei das Unternehmen dafür sorgt, dass sein Käuferprofil ständig aktualisiert wird. Auf diese Weise stellt man sicher, dass die Marketingmaßnahmen zu jeder Zeit relevant und effektiv bleiben. Das lässt sich auch in der Immobilienbranche realisieren – und das ist eines unserer größten Anliegen als European Real Estate Brand Institute.
With branded regards
Ihr Harald Steiner