Krisenprüfstein Markenloyalität
Loyalitätskrise
78 Prozent der US-Konsumenten und 65 Prozent der deutschen Konsumenten haben laut einer McKinsey-Studie aufgrund der Pandemie im Jahr 2020 das Geschäft, die Marke oder die Art und Weise, wie sie einkaufen, gewechselt. Die Ergebnisse decken sich mit Erkenntnissen des jüngsten Digital Trends Report von Adobe, bei dem die Mehrheit der 13.000 befragten Marketing- und IT-Experten aus Europa, dem Nahen Osten und Afrika die Auffassung vertraten, dass Kunden heute weniger loyal gegenüber Produkten oder Marken sind als noch vor einem Jahr.
„Shock to loyality“ nennen die Studienautoren von McKinsey das Phänomen, das – oberflächlich betrachtet – mit geänderten Rahmenbedingungen des Einkaufens zu tun hat. Lieferengpässe bei der Lieblingsmarke oder das freiwillige bzw. erzwungene Meiden des stationären Handels samt Switchens in die Welt des e-Commerce haben Menschen dazu gebracht, von ihrer routinierten Markentreue abzukommen. Dazu gesellt sich ein psychologischer Faktor in Krisenzeiten à la: „Lasst uns mal etwas Neues ausprobieren“.
Alarmsignal Fremdgehen
Stimmen die Zahlen, dann bedeutet dies für viele Unternehmen tatsächlich einen Schock gröberen Ausmaßes. Schließlich ist der loyale Kundenstock ein fundamentaler Eckpfeiler jedes Geschäfts. Loyale Kunden sind nicht nur eine sichere Bank, sie geben in der Regel auch mehr Geld für ihre Markentreue aus und sorgen somit für einen Umsatz, der mit volatilen Einmalkunden nicht zu erzielen ist. Unternehmen müssen sich demnach dringend fragen, wie es zum Treueverlust kommt – und sollten dabei an der Oberfläche der Argumente kratzen. Wer sich mit der Erklärung begnügt, dass der jahrelang treue Partner fremdgeht, weil sich die Rahmenbedingungen gerade verändert haben, erweist sich keinen nachhaltigen, lösungsorientierten Gefallen. Wir kennen das aus dem zwischenmenschlichen Bereich. Hinter dem Treueverlust steckt in der Regel mehr als bloß eine situative Verführung. Im Grunde ist das Fremdgehen ein Alarmsignal für eine Beziehung, die schon länger nicht mehr rund läuft.
Krise macht sichtbar
Fakt ist, dass in der Krise sichtbar wird, was lange verschleiert war. Und es wird deutlich, ob Vertrauen herrscht oder nicht. Das gilt natürlich nicht nur für die Konsumgüterbranche, sondern auch für den Immobiliensektor. Während in Routinezeiten Gewohnheiten nicht hinterfragt werden, ist die Krise plötzlich Anlass, alterprobte Geschäftsbeziehungen auf die Probe zu stellen. Wer sich als Kunde oder Partner weiter binden soll, prüft das Markenversprechen des Unternehmens – und begründet damit seine Wechselbereitschaft, wenn er merkt, dass seine Bedürfnisse (schon länger) nicht mehr ideal bedient werden. Eine Wechselbereitschaft, die umso ausgeprägter ist, umso mehr es Unternehmen an Profilschärfe missen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn letztere dem Konzept des One-Stop-Shops verfallen sind und es beim Wunsch, die eierlegende Immobilien-Wollmilchsau zu sein, verabsäumen, ein klares Bild von ihrem Angebot zu zeichnen.
Datenbrillen-Blick von außen
Um als Marke nicht aus dem Relevant Set der Kunden und Partner zu fallen, benötigt es das Setzen von Maßnahmen für ein scharfes Profil und eine klare Positionierung. Problematisch ist dieses Unterfangen, wenn nur die Innenwahrnehmung als Maßstab herangezogen wird. Der berühmte blinde Fleck der Eigenwahrnehmung tritt unvermeidlich auf. Dem entgegenzutreten, heißt, eine Außenwahrnehmung miteinfließen zu lassen und sich dem Vergleich von Selbst- und Fremdbild zu stellen. Die eigene Datensammlung reicht also nicht aus bzw. kann in die Irre führen – eine Tatsache, die gerade in dialogarmen Corona-Zeiten vielen Unternehmen zum Verhängnis zu werden droht. Nur wer den Blick von außen auf der Basis von externen, richtig analysierten Daten zulässt und diese Marktanalyse für seine Positionierung und ein klar sichtbares, maßgeschneidertes und nach innen und außen kommuniziertes Themenmanagement heranzieht, wird Kunden mit Loyalitätskonflikten neue Orientierungshilfe geben.
Was ist zu tun, wenn die Strahlkraft der Unternehmensmarke nachgelassen hat? Welche Maßnahmen sind erforderlich, um die Marke wieder sichtbar zu machen und sie ins Relevant Set zurückzuführen? Konkrete Antworten dazu in meinem nächsten Blog – am Donnerstag, den 18. März, an dieser Stelle.
„In diesem Sinne – pflegen Sie auch weiterhin ihr wichtigstes Gut – Ihre Marke“
With branded regards
Ihr Harald Steiner