MARKE STEINER

THE REAL ESTATE BRAND BLOG

Harald Steiner

CEO / European Real Estate Brand Institute

#26

COVID NEW BRANDS IMPACT

Corona-Learnings für die Markenführung

Bad News

 „If it bleeds, it leads“. Falls am journalistischen Motto, dass eine blutige Schlagzeile die Anzahl der Leser/Hörer/Seher erhöht, noch Zweifel herrschten, so hat 2019 eine Studie der Universitäten Montreal und Hebrew (Jerusalem) damit endgültig aufgeräumt. Die Kommunikationswissenschaftler überprüften anhand von realen Nachrichtenbeiträgen, wie 1156 Probanden aus sechs verschiedenen Kontinenten auf positive und negative Meldungen reagierten – mit Messungen der Herzfrequenz und der Leitfähigkeit der Haut. Das Ergebnis: Die Testpersonen verfolgten im Durchschnitt negative Informationen signifikant aufmerksamer und psychisch erregter. Sprich Menschen auf der ganzen Welt, also kulturübergreifend, werden durch negative Nachrichtenbeiträge stärker aktiviert als durch positive.

Blutig macht blutleer

Kein Wunder, dass man in den Medien seit mehr als einem Jahr auf Corona setzt. Ein Virus, das die ganze Welt bedroht, ist quasi ein Aufmerksamkeits-Jackpot. Das Problem daran. Die Aufmerksamkeit tut nichts Gutes. Sie erregt kurzfristig und macht mittel- bis langfristig müde, mutlos und/oder wütend. Dafür wurde im Netz sogar ein Wort kreiert: „mütend“. Wer sich permanent emotional vom Negativen berieseln lässt, verliert bewusst oder unbewusst die Kraft, Energie für positive Veränderung aufzubringen, oder bekommt bedenklich ungelenkige Aggressionen. Blutig bringt das Blut zu wallen, oder macht blutleer. So oder so, keine schönen Aussichten.

Gefangen im Dilemma

Eine permanente Krisensituation zu „pflegen“, indem man sie emotional andauernd konsumiert, ist also nicht der Weisheit letzter Schluss – zumindest wenn es nicht das erklärte Ziel ist, zwischen Depression und Aggression das Pendel zu spielen. Wenn der Blick für das Konstruktive verloren geht, wird das Herbeiführen einer positiven Veränderung schwierig.  Andererseits: Die Augen vor den Fakten zu verschließen – wie ein Kleinkind, das glaubt, nicht mehr gesehen zu werden – ist auch keine Lösung. Am Beispiel Corona-Krise manifestiert sich das Dilemma bei den Vertretern der beiden Extrempositionen: Auf der einen Seite jene, die den Tag damit beginnen, die neuen Inzidenzzahlen zu studieren und daran verzweifeln. Auf der anderen Seite jene, die Corona konsequent leugnen und im Verschwörungstheoretischen ihr Seelenheil suchen. Wer zu einer dieser Gruppen gehören will, bitte aufzeigen.

Konstruktiver Blickwinkel

Dabei liegt der Ausweg aus dem Dilemma auf der Hand: Der Wahrheit ins Auge sehen und dabei dem Umstand, dass jede Medaille zwei Seiten hat, bewusste Aufmerksamkeit schenken. Die Corona-Inzidenz- und Todeszahlen kennen Sie vermutlich. Wussten Sie aber auch – beispielhaft – Folgendes?  Deutschland erreicht 2020 das erste Mal seit Jahren wieder die Klimaziele. Die Reduktion der Emissionen um 41 Prozent ist vor allem eine Folge von verringerter Mobilität und eingeschränktem Reiseverhalten. Studien beweisen: Homeoffice sorgt für hohe Arbeitszufriedenheit und bessere Work-Life-Balance. Die Mehrheit gibt an: Das tägliche Stresserleben geht stark zurück und die Produktivität ist höher als am normalen Arbeitsplatz. Die Digitalisierung hat im letzten Jahr den Turbo gezündet. Und das Beste daran: Immer weniger Menschen erleben diese vormals gefürchtete Dynamik (Stichwort: Maschine ersetzt Mensch, ergo Arbeitsplatzverlust) als ängstigend. Im Gegenteil. Kurzum: Die vielbeschworene Chance, die jeder Krise innewohnt, kann man sich bewusst erarbeiten – mit einem geschärften Blick auf beide Seiten der Medaille und speziellem Fokus auf neue Rahmenbedingungen und Folgewirkungen.

Digitale Meinungsbildung statt Stammtisch

Was bedeutet das für den Zusammenhang von Corona und Business bzw insbesondere von Corona und Marke(ting)? Um das zu beantworten, muss man sich zunächst – evidenzbasiert, sprich auf der Grundlage vertrauenswürdigen Studien – ansehen, was sich durch Corona geändert hat. Die Kernerkenntnisse: Digitalisierung, Online-Business, Transformation und Disruption durch innovatives Denken sind als Dringlichkeitsthemen auf der Businessagenda von Unternehmen ganz oben gelandet. Der Umstand, dass von heute auf morgen alles anders sein kann, hat uns alle – und besonders die Verschlafenen unter uns – schlagartig wachgerüttelt. Die reine Vorstellung, dass ein Blitz einschlagen kann, ist dem Wissen gewichen, dass dies mit aller Konsequenz auch tatsächlich passiert. Das ändert den Zugang im Kopf. Unsicherheit ist die neue Sicherheit, Unklarheit die neue Klarheit.

Ein weiterer wichtiger Tatbestand: Das Medienverhalten der Menschen mutiert. Diverse Lockdowns haben unseren digitalen Medienkonsum nicht nur zum Anschwellen gebracht, sondern auch qualitativ verändert. Die Kommunikation driftet verstärkt ins Digitale ab. Meinungen bilden und verfestigen sich nicht mehr im direkten Kontakt am Stammtisch, sondern in sozialen Foren. Wer als Marketer, der Botschaften medial transportieren soll, darauf nicht reagiert, leistet quasi einen beruflichen Offenbarungseid.

Die Richtigen füttern

Etwas (aber gar nicht zu sehr)überspitzt  formuliert: Was bringt eine Presseaussendung oder die Darstellung des Produkt/der Dienstleistung auf der Homepage und auf Plakaten, um den harten (limitierten) Kern der Stammklientel zu erreichen, wenn zugleich 20-jährige Influencer auf TikTok mit der Einblendung eines Produkts Millionen Menschen erreichen (und Millionen Euro verdienen)? Ich will nichts über den Kamm scheren und jeder Kommunikationskanal hat fraglos seine Vor- und Nachteile. Am Ende macht es der richtige Mix aus. Fest steht aber dennoch eines: Wenn die Stimmung und Meinungsbildung unter Konsumenten – nicht zuletzt als Folge der Corona-Isolation und des veränderten Medienverhaltens – immer stärker im Netz passiert, ist dies für die Markenführung von höchster Relevanz. Da gilt es im Folgeschluss, die Zügel aus der Hand zu geben und die wahren Meinungsführer geschickt zu füttern. Wer diese neue Dynamik der Kommunikation versteht, hat die Chance den Impact für die Marke signifikant zu steigern – und er tut dies trotz geringerem Mitteleinsatz.

Corona-Learnings für die Markenführung

Corona hat die (Geschäfts)Welt in allen Belangen volatiler, komplexer und mehrdeutiger gemacht. Das begründet eine neue Realität der Markenführung. Um diese zu begreifen, darf ich Sie heute mit ein paar Schlagworten vertraut machen, die im Brand Work Manifesto festgehalten sind, entwickelt von Experten rund um den Professor für Marketing, insbesondere Markenführung an der HWR Berlin, Carsten Baumgarth (Mitglied des Expertenbeirat unseres European Real Estate Brand Institute): Mitmachmarke wichtiger als Markeneigentum / Netzwerke wichtiger als Unternehmen / Kundenbegegnung wichtiger als externe Studien / Experimentieren wichtiger als absichern / Empowerment wichtiger als Top-down / Ranking wichtiger als Recall / Markenethik wichtiger als Profitmaximierung / markenspezifische Touchpoints wichtiger als Standard-Kanäle / Authentizität wichtiger als marktorientierte Positionierung. Die Meta-Prinzipien als Dach lauten: offen, agil, digital, authentisch. Ich lade alle für Markenführung verantwortlichen Personen herzlichst ein: Sinnieren Sie darüber. Es wird sich lohnen.

With branded regards
Ihr Harald Steiner 

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