Filmriss
„Sie drücken den Knopf, wir machen den Rest“. So lautete 1888 der Werbeslogan, mit dem Unternehmensgründer George Eastman seine erste Kodak-Kamera bewarb. Der Geniestreich dahinter: Eastman setzte in die Kameras anstelle schwerer mit Fotoemulsion beschichteter Glasplattten einen von ihm entwickelten rollbaren Film mit Gelatineschicht ein. Etwas später folgte seine Erfindung einer simpel zu bedienenden Kartonkamera zum Verkaufspreis von einem US-Dollar. Kodak revolutionierte die Fotografie, indem sie der breiten Masse zugänglich gemacht wurde, und stieg zu einem Konzern auf, der mit zahllosen Innovationen seine Branche rund 100 Jahre lang beherrschen sollte. 1991 wurde der Rekordumsatz von 19,4 Milliarden US-Dollar erzielt. Im Januar 2012 stellte Kodak den Insolvenzantrag. Der unglaubliche Fall in einem Satz erzählt: Man hatte den digitalen Wandel verschlafen. Der einstige Revolutionär wurde von einer Revolution hinweggefegt.
Hoteliers in der Defensive
In einem Lehrbuch über das disruptive, also zerstörerische Potential von Technologien für Unternehmen würde Digitalisierung bei Kodak ebenso als Musterbeispiel dienen wie das Smartphone, das Nokia vom Marktführer zum Statisten degradierte. Es trifft eben nicht nur die Kleinen. Auch als dominanter Marktriese ist man nicht davor gefeit, den Zug der Zeit zu verpassen und/oder an der eigenen behäbigen Selbstherrlichkeit zu zerbrechen. Das Phänomen ist branchenübergreifend, die Immobilienwelt keine Ausnahme. 2008 gründeten Brian Chesky, Joe Gebbia und Nathan Blecharczyk Airbnb, weil sie keine bezahlbare Unterkunft in San Francisco finden konnten. Etwas mehr als zehn Jahre später werden rund sechs Millionen Unterkünfte angeboten. Zum Vergleich: Die größte Hotelkette der Welt, der US-Konzern Marriott International, besitzt mit 1,5 Millionen Hotelzimmern nur ein Viertel davon. Der Vergleich mag hinken, weil Airbnb keine Immobilien besitzt, sondern bloß datenbasiert Angebot und Nachfrage auf einen Nenner bringt. Zu fürchten hat die Hotelbranche dennoch einiges. Laut Hochrechnungen könnte die Anzahl der via Airbnb vermittelten Übernachtungen bis 2025 auf eine Milliarde ansteigen. Damit ließen sich rechnerisch rund 40.000 Hotels mit je 100 Zimmern wirtschaftlich betreiben – oder eben zusperren! Das disruptive Element bei Airbnb: Das Geschäftsmodell der Vermittlung ist beliebig skalierbar, während klassische Hotelbetreiber für jede Angebotserweiterung massiv investieren müssen.
Disruptiver Rohrkrepierer
Andererseits: Nicht jede angesagte Revolution findet statt. Manch scheinbar Offensichtliches erweist sich als Rohrkrepierer. Beispiel eBook: Die seit zehn Jahren prophezeite Verdrängung des analogen Buchs will und will einfach nicht geschehen. Die Marktanteile des eBooks stagnieren weltweit seit vielen Jahren bei maximal 20 Prozent des gesamten Buchverkaufs. Verantwortlich dafür ist ausgerechnet die anvisierte Zielgruppe Nummer eins, die technikaffine junge Generation. Deren Vertreter verbringen zwar liebend gerne unzählige Stunden am Smartphone und in den sozialen Medien, greifen beim Lesen von Büchern aber mehrheitlich zur gedruckten Ausgabe. Das eBook scheint ein Minderheitenprogramm zu bleiben, manch Marktriese hat darauf bereits reagiert. Das US-Unternehmen Microsoft etwa verkauft seit April 2019 keine eBooks mehr in seinem Store. Das Geschäft sei einfach nicht rentabel.
Disruption oder Evolution
Was all diese Beispiele zeigen: Die Wirtschaft ist dynamisch und lebendig und wer bestehen will, muss sich verändern. Die Optionen lauten: Altes zerreißen, um Neues zu wagen, oder Bestehendes weiterentwickeln, um in der Erfolgsspur zu bleiben. Welche Strategie hat mehr Chancen auf Erfolg, disrumpere oder evolvere? Die passende Antwort ist dabei weniger eine Frage des Grundsatzes und mehr eine der tiefgehend analysierten Umstände. Es gilt also zunächst herauszufinden, welche Anlassfälle von außen herangetragen werden und welches Sprengmittel in ihnen steckt. Ob man sich radikal verändert oder stetig und sanft evoluieren soll, hängt vom Status Quo in Verbindung mit den sich ergebenden Potentialen ab. Um das einschätzen zu können, benötigt es im Vorfeld präzise Marktkenntnis, das Verständnis für dynamische Vorgänge und ihre Folgen, die detaillierte Beobachtung von Trends und ihrer Umsetzung sowie den visionären Blick in eine unbestimmte Zukunft. Die Basis für all das ist die wissenschaftliche Erhebung und Auswertung von Daten, die Hypothesen und Prognosen auf einen gemeinsamen Nenner bringen – so wie wir es im European Real Estate Brand Institute seit vielen Jahren in Bezug auf die Immobilienwirtschaft und den Markenwert der Player handhaben.
Obacht vor der Treibkraft
Was die dominanten Treiber in der Branche betrifft, sind unsere Ergebnisse dabei eindeutig. Die zentralen Veränderungen, die Immobilientreibende dringend in die Wege leiten sollten, betreffen die Themenbereiche Stärkung der Innovationskraft, Nachhaltigkeit/ESG, Markenführung und Employer Branding. Wer sich als Unternehmensverantwortlicher diesen Schlüsselbereichen nicht stellt, wird über eher kurz als lang in grobe Turbulenzen kommen. Wer die Treibkraft dieser Bereiche und den Umstand, wie sie Kunden und Markt verändern, gering schätzt, wird sich in die Kodak-Nokia-Liste einreihen. Wer in diesen vier Kernfeldern seine Selbstwahrnehmung nicht permanent kritisch mit der Fremdwahrnehmung vergleicht, wird sich und seine Marke falsch positionieren. Oder um es mit einem konkreten Beispiel zu illustrieren: Wer heute noch Häuser entwickelt, baut oder feilbietet, die den Anforderungen der Nachhaltigkeit und Klimaverträglichkeit nicht genügen, wird morgen keinen Kunden und Investor mehr haben, um auch nur eine Hütte zu bauen.
Entscheidung mit validen Daten
Was die Branche antreibt und grundlegend verändert, steht demnach fest. Ob es genügt, mit evolutionär verbesserten Geschäftsmodellen zu reagieren oder ob es notwendig ist, Vertrautes über Bord zu werfen, um gänzlich neue Konzepte und Wege aus der Taufe zu heben, muss Fall für Fall unter die Lupe genommen werden. Wer schnelle Antworten will, wird enttäuscht. Realistischerweise wird die zum Unternehmen und Handlungsfeld passende Reaktion sowohl evolutionäre als auch disruptive Elemente beinhalten. Wer die Herausforderungen nachhaltig bewältigen möchte, der benötigt jedenfalls einen selbstkritischen, neugierigen und innovationsbereiten Ansatz, um das neu auf ihn Zukommende zu bewältigen. Denn im Grunde ist der beste Zugang auf Veränderungen, sie frühzeitig zu identifizieren und sie von Anfang an nicht als Bedrohung, sondern als konstruktive Störung zu betrachten. Das würde so manches Haus vor dem Abriss bewahren.
Mein Angebot in diesem Sinne: Schauen wir uns gemeinsam genau an, was Sie stört, warten wir nicht zu, verändern Sie sich auf Basis von soliden Daten über ihre Positionen sowie über den Gap zwischen eigener und fremder Wahrnehmung ihrer Marke. Ob disruptiv oder evolutiv zu handeln ist, wird sich weisen. Wir helfen dabei gerne mit unserer auf validen Daten gestützten Expertise.
With branded regards
Ihr Harald Steiner